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Rettet die Bienen

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Bericht aus der Badischen Zeitung vom 26. September 2019

Kritik an "Rettet die Bienen"

Winzer befürchten das Ende des Weinbaus am Ölberg

 

Von Lena Roser

Do, 26. September 2019

Ehrenkirchen

 Beim Ölbergtag in Ehrenstetten kritisieren Winzer Teile des Volksbegehrens "Rettet die Bienen". Weil der Ölberg Naturschutzgebiet ist, dürften sie demnach keine Pestizide mehr benutzen.

Umwelt- und Artenschutz sind aus der aktuellen gesellschaftlichen Diskussion nicht wegzudenken. Um dem Artensterben entgegenzuwirken, wurde am Dienstag, 24. September, das Volksbegehren "Rettet die Bienen" in Baden-Württemberg gestartet. Über die Folgen, die die Forderungen der Initiative für den Weinbau am Ölberg mit sich bringen, klärten Winzer am vergangenen Sonntag vor Ort auf.


Rund dreißig Bürger hatten sich auf den Weg zum Ölberg gemacht, um sich über das umstrittene Volksbegehren auszutauschen. Bereits vor zwei Wochen hätte die Veranstaltung im Rahmen des Ölbergtags stattfinden sollen – sie fiel jedoch wortwörtlich ins Wasser. Aufgrund der Dringlichkeit des Themas wurde ein weiterer Termin angesetzt.

 

 

Das Volksbegehren will den Pestizideinsatz in Naturschutzgebieten untersagen


Bernhard Stehlin, Winzer und Agraringenieur, eröffnete auf dem Ölberg die Diskussion rund um das Volksbegehren. In den 1990ern wurde der Ölberg samt Rebflächen zum Naturschutzgebiet erklärt. Dies könne dem Weinbau durch das Volksbegehren "Rettet die Bienen" nun zur Last werden, da in jenem ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Naturschutzgebieten gefordert wird. Stehlin zufolge würde der Weinbau, sowohl der konventionelle als auch der ökologische, nicht ohne Pflanzenschutzmittel auskommen. Somit bedeute ein Erfolg des Volksbegehrens das Ende des Weinbaus am Ölberg.

Neben den Stellungnahmen der Winzer kamen auch Fragen und Forderungen anderer Teilnehmer auf. Thematisiert wurden pilzwiderstandsfähige Rebsorten, im Fachjargon Piwi genannt, die zum Großteil ohne Pflanzenschutz auskommen könnten. Thomas Coch, Landschaftsökologe, betonte, dass die Wissenschaft nicht sicher sei, ob der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln der Hauptgrund für den Rückgang der Artenvielfalt sei. Insbesondere am Weinberg sei solch ein Zusammenhang schwer nachzuweisen.

 

Eine Umstellung sei existenzbedrohend


Für die Winzer des Ölbergs ist eine Umstellung auf jene pilzwiderstandsfähige Sorten kaum vorstellbar. Stehlin betonte, dass der Ölberg sich nicht zum Experimentieren eignen würde. Aufgrund der besonderen Eigenschaften wie die steile Lage des Ölbergs würden große Umstellungen zu arbeits- und kostenintensiv sein. Ingrid Steinle, Winzerin aus Ehrenstetten, erklärte zudem, dass die Verbraucher traditionelle Weinsorten fordern würden und eine Umstellung existenzbedrohend sein könnte.

Die Auseinandersetzung mit dem Volksbegehren brachte auch viele andere Themen auf den Tisch. So drehten sich die Gespräche in der großen Runde und privat während eines gemeinsamen Spaziergangs um das Verhalten der Konsumenten, den Großhandel und die globalisierten Märkte. Den Winzerinnen und Winzern war es ein Anliegen, deutlich zu machen, dass sie die grundlegende Forderungen (Artenschutz und Biodiversität) des Volksbegehrens teilen.

So erklärte auch Peter Landmann vom Bio-Weingut Staufen: "Wir Winzer arbeiten mit Herzblut. Auch wir sind für Artenvielfalt und wollen die Umwelt nicht kaputt machen."
 

Man hätte sich einen Austausch gewünscht


Die Forderungen, die hinter dem Volksbegehren stehen, seien den Winzern des Ölbergs jedoch nicht vollkommen durchdacht und umsetzbar. Bei einem Erfolg des Volksbegehrens müssten die meisten Landwirte ihre Betriebe aufgeben – wodurch auch das Angebot von regionalen Produkten zurückgehen würde. Das Volksbegehren braucht innerhalb von sechs Monaten die Zustimmung von zehn Prozent der Wahlberechtigten im Land. Das entspricht in etwa 770 000 Unterschriften.

Wird dies erreicht, wird der Landtag den Gesetzesentwurf diskutieren, kann ihn jedoch nicht mehr verändern. Lehnt der Landtag den Entwurf ab, kommt es zum Volksentscheid. Stehlin zufolge wäre es wichtig gewesen, sich erst ausreichend auszutauschen und dann zu entscheiden. Mit dem Start des Volksbegehrens schwinden nun die Einflussmöglichkeiten. Die Winzer wollen weiterhin in den Dialog treten, um die Bevölkerung im Falle eines Volksentscheids informiert zu haben.

 

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