Ti
Klassenzimmer

Zurück

Zurück

Am 22. September 2020 berichtete die Badische Zeitung über unser kleines Schulmuseum im Kirchhofener Schloss. Hier eine Abschrift des von Andrea Gallien verfassten Artikels.

Als es noch Schiefertafel und Filbel gab

Der Arbeitskreis Ortsgeschichte hat im Schloss in Kirchhofen ein kleines Schulmuseum eingerichtet / Führungen werden angeboten

Klassenzimmer

Das kleine Schulmuseum im Schloss Kirchhofen wurde hergerichtet vom Arbeitskreis Ortsgeschichte, von links: Hedwig Lorenz, Charlotte Eckmenn, Christel Unger und Anne Welk

Seit 1847 wurde das Schloss in Kirchhofen als Schule genutzt, bis im Sommer vergangenen Jahres die Kinder in den Neubau in der Ortsmitte zogen. Damit schafften sie Platz im Schloss: für ein historisches Klassenzimmer, eingerichtet von den Mitgliedern des Arbeitskreises Ortsgeschichte. Schon waren die ersten Grundschulkinder wieder zurück im Schloss – um zu schauen und sich erklären zu lassen, wie es zuging, in alten Zeiten in ihrer alten Schule.


Charlotte Eckmann zeigt auf das Klassenfoto, eines von vielen, das die Wände im historischen Zimmer schmückt. Zu sehen ist ihre Schulklasse genau in dem Zimmer, in dem sie jetzt steht. Drei Klassen waren bis 2019 im Schloss untergebracht, die anderen im benachbarten Schulhaus.

Klassenfotos2

In einem freigewordenen Raum hat der Arbeitskreis jetzt ein kleines Schulmuseum eingerichtet. Die Möbel stammen zum Teil aus der gerade leergeräumten Schule, andere wie etwa die beiden kleinen Schulbänke für je zwei Schulkinder sind Geschenke von Bürgern aus Kirchhofen und Offnadingen. Alte Lehrbücher liegen auf den Tischen, Schiefertafel und ein Holzkästchen für die Stifte. Gleich mehrere alte Lederschulranzen gibt es zu sehen, große Landkarten am Kartenständer, die früher im Erdkundeunterricht Verwendung fanden.
 

Schulbücher, Märchen und Sagen

Einen ganzen Schrank füllt die Schulbibliothek aus Offnadingen, die 2019 aufgelöst wurde. Bücher aus dem Jahr 1902 sind hier mit dem Stempel "ÖrtlichesFilbel Schulamt Offnadingen" versehen. Schulbücher sind dabei, aber auch Märchen und Sagen. "Wir haben alles hergeholt", sagt Charlotte Eckmann vom Arbeitskreis, "sonst wäre wahrscheinlich alles entsorgt worden".

Die Vielzahl an Klassenfotos verdankt der Arbeitskreis Bürgern, die ihre Erinnerungen nicht auf dem Dachboden aufheben, sondern der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Und natürlich dem Wirken des Kirchhofer Lehrers und Heimatforschers Paul Priesner, dessen Archiv an Fotos und Schriften die Gemeinde vor einigen Jahren erworben hat. Er hat jede seiner Klassen im Klassenzimmer oder im Freien von dem Schloss fotografiert. Auch der Jahrgang 1929 kann im Schulmuseum betrachtet werden.

Anschauungstafeln zu Naturthemen wie "Kennst Du die Bäume" oder "Wie wächst das Getreide", alle der Aufschrift nach zu urteilen früher einmal gesponsert von der Sparkasse, gibt es gleich mehrere, ebenso eine Steinsammlung. "Die Leute im Ort", sagt Charlotte Eckmann, "werfen nix mehr weg, sie fragen erst, ob wir es brauchen können". Dieses Vorgehen habe sich im Ort langsam herumgesprochen.

So ist der Arbeitskreis übrigens auch zu Nähmaschinen, Trachten, Möbeln und Geschirr gekommen, das mittlerweile in einem zweiten ehemaligen Klassenzimmer Platz gefunden hat und besichtigt werden kann. Und historische landwirtschaftliche Geräte, Butterformen, Pflüge und Leiterwagen sind im Gewölbekeller ausgestellt.
 

Nur ein Lehrer in der ganzen Schulzeit

Aber, bleiben wir bei der Schule: Welche Erinnerungen haben die Mitglieder des Arbeitskreises eigentlich an ihre eigene Schulzeit? Hedwig Lorenz ist in Offnadingen aufgewachsen, zur Schule gegangen und lebt dort auch heute noch. 1947 bis 1955 besuchte sie die Volksschule in Offnadingen. Lebhaft erinnert sie sich an Lehrer Meinrad Steinhart, den einzigen Lehrer an der Schule, der die etwa 25 Kinder von Klasse eins bis acht unterrichtete. Mit Hedwig Lorenz ging noch eine Schülerin in ihre Klasse. Fächer wie Geschichte oder Erdkunde wurden allen Kindern gleichzeitig erteilt, andere Fächer jeweils nach Jahrgang. Die jüngsten saßen vorne, mit zunehmendem Altern wanderten die Kinder dann in die hinteren Schulbänke. Diktate und auch Aufsätze, erinnert sich Hedwig Lorenz, schrieb der Lehrer an die Tafel, "aber selbst beim Abschreiben haben wir noch viele Fehler gemacht".

Nur ein Lehrer in der ganzen Schulzeit, das hat Vor- und Nachteile, meint sei. "Was er nicht gerne machte, machte ich auch nicht gerne." Was Lehrer Steinhart aber mochte, waren Geschichte und Erdkunde "und das sind meine Hobbys geworden". Der Lehrer war auch Leiter des Kirchenchors, dem alle Mädchen der Schule angehörten. Er spielte Geige, denn ein Harmonium fehlte.

Charlotte Eckmann ist in Kirchhofen in die Schule gegangen, und das sehr gerne. Später ist sie selbst Lehrerin geworden. Mathe und Erdkunde waren ihre Fächer. Sie wechselte von
der Volksschule in Kirchhofen auf das St. Ursula-Gymnasium in Freiburg. Dort, und das erbost sie noch heute, habe man versucht, ihr das Dialektsprechen abzugewöhnen. Hochdeutsch war gefordert. Sie hat weiter Dialekt gesprochen und dafür noch im Studium in den 1970er Jahren einen Notenabzug bekommen.

Christel Unger lebt erst seit zwölf Jahren in Ehrenkirchen. Sie ist in der DDR aufgewachsen. 1953 kam sie im heutigen Sachsen-Anhalt in die Schule. Das war kein Schloss, sagt sie, sondern ein recht moderner Neubau, "tipptopp ausgestattet". Schiefertafeln gab es in dieser Zeit offenbar hier wie da in der ersten Klasse, dann folgten bald großkarierte und -linierte Schulhefte. Zur Russisch-Lehrerin, mittlerweile 82 Jahre alt, hat Christel Unger noch heute Kontakt. Sie weckte in ihr die Begeisterung für Sprachen. Ihre Schule war bereits damals eine Ganztagsschule, morgens Unterricht, nachmittags wurden im Hort Hausaufgaben gemacht. Und ein Mittagessen gab es auch: Christel Unger erinnert sich noch heute an den Geruch von Reisbrei mit Zimt und Zucker.

Anne Welk ist mit sechs Geschwistern in der Eifel aufgewachsen und lebt seit 1984 in Kirchhofen. 200 bis 300 Kinder besuchten die Klassen eins bis acht. Brav sein wurde von den Mädchen erwartet, sagt Anne Welk, die "feinen Mädchen" hielten sich auch daran, sie sei eher lebhaft gewesen, musste sich schon mal in den Büschen verstecken, "damit die Rabauken uns nicht fanden". Als evangelisches Kind in der vorwiegend katholischen Eifel habe sie viel Missgunst erlebt. Mit Steinen beworfen zu werden, war offenbar nicht ungewöhnlich. Sehr dankbar ist sie noch heute einem ihrer Lehrer: "Er hat mich sehr gefördert, damit ich auf das Gymnasium gehen konnte."

Schulranzen
Ein Schulranzen, wie er früher von Kindern getragen wurde.

       

      Die Räume können immer donnerstags von 14 bis 16 Uhr besichtigt werden, Postkarten – mittlerweile mit Motiven aus allen Ortsteilen, fotografiert von Anne Welk, und Broschüren des Arbeitskreises werden dort verkauft. Mitglieder des Arbeitskreises bieten auf Wunsch Führungen an. Die ersten Schulklassen waren schon da.

Text und alle Fotos auf dieser Seite von Andrea Gallien.

Impressum und Datenschutz